Bei Ausandersetzungen setzen Tiere ihre verfügbaren Waffen häufig nicht in der wirkungsvollsten Weise ein. Sie halten sich stattdessen an bestimmte Konventionen, indem sie z.B. nur Droh- oder Imponiergehabe zeigen oder einen Angriff unterlassen, wenn sich der Gegner in einer ungeschützten Position befindet. Dies ist umso erstaunlicher, da ein „Schlag unter die Gürtellinie“ eines Konkurrenten die Weitergabe der eigenen Gene an die nächste Generation vereinfachen sollte.
Nach dem Falken-Tauben-Modell
ergeben sich die folgenden Ergebnisse (E):
Falke (F) | Taube (T) | |
---|---|---|
Falke (F) |
Treffen zwei Falken aufeinander, so kämpfen beide ohne Rücksicht auf Regeln
und eskalieren den Kampf, bis einer gewinnt oder schwer verwundet wird.
Jeder der beiden hat hier statistisch die gleichen Chancen:
E(F,F) = ½×(+10) + ½×(–20) = –5 |
Trifft ein Falke auf eine Taube, so siegt der Falke: E(F,T) = +10 |
Taube (T) |
Triff eine Taube auf einen Falken, so flieht sie sofort: E(T,F) = 0 |
Treffen zwei Tauben aufeinander, so halten sich beide an die Regeln,
keine eskaliert den Kampf und vor einer Verletzung würden sie fliehen.
Jedoch dauert ein solcher Kampf mitunter sehr lange.
Jeder der beiden hat hier statistisch die gleichen Chancen: E(T,T) = ½×(+10) + (–3) = +2 |
Schwere Verletzung = –20 Sieg = +10 Langer Kampf = –3 Voraussetzung: Der Betrag der Kosten im Falle einer schweren Verletzung muss größer sein als der Nutzen im Falle eines Sieges: |–20| > |+10|. |
⇒ Weder eine reine Falkenstrategie noch eine reine Taubenstrategie sind
in diesem Modell evolutionär stabil.
Nur eine gemischte Strategie, mit einer
Häufigkeit von 8/13 der Falkenstrategie und einer
Häufigkeit von 5/13 der Taubenstrategie
ist eine evolutionär stabile Strategie.
⇒ Die Taubenstrategie entspräche hier also der Einhaltung der Regeln
in einem Kommentkampf,
die Falkenstrategie der Verletzung dieser Regeln.
⇒ Bei sehr gefährlichen Waffen wie z.B. Giftzähnen wäre die Schadenswirkung
derartig drastisch verglichen mit einem zu erwartenden Gewinn, dass sich dann
der Gebrauch einer anderen, weniger tödlichen Waffe wahrscheinlich durchsetzt.
Das Falken-Tauben-Bourgeois-Modell beschreibt Konflikte, bei denen zwischen den Gegnern Unterschiede bezüglich des Besitzes einer Ressource bestehen. Solche Unterschiede werden häufig dazu benutzt, Streitigkeiten friedlich beizulegen.
Falke (F) | Taube (T) | Bourgeois (B) | |
---|---|---|---|
Falke (F) | –5 | +10 |
Trifft ein Bourgeois auf einen Falken, so verhält sich der Bourgois je nach Besitz
ebenfalls wie ein Falke oder wie eine Taube: ½×E(F,F) + ½×E(F,T) = –2,5 + 5 = +2,5 |
Taube (T) | 0 | +2 |
Trifft ein Bourgeois auf eine Taube, so verhält sich der Bourgois je nach Besitz
ebenfalls wie ein Falke oder wie eine Taube: ½×E(T,F) + ½×E(T,T) = 0 + 1 = +1 |
Bourgeois (B) |
Trifft ein Falke auf einen Bourgeois, so verhält sich dieser je nach Besitz
ebenfalls wie ein Falke oder wie eine Taube: ½×E(F,F) + ½×E(T,F) = –2,5 + 0 = –2,5 |
Trifft eine Taube auf einen Bourgeois, so verhält sich dieser je nach Besitz
wie ein Falke oder ebenfalls wie eine Taube: ½×E(F,T) + ½×E(T,T) = +5 + 1 = +6 |
Treffen zwei Bourgeois aufeinander, so verhält sich der eine als Besitzer
wie ein Falke und der andere Störenfried wie eine Taube: ½×E(B,B) + ½×E(T,F) = +5 + 0 = +5 |
Als Besitzer eines umstrittenen Objekts (eines Gegenstands,
eines Territoriums, eines Weibchens) verhält sich ein Bourgeois wie ein Falke,
ohne Besitz wie eine Taube. Auseinandersetzungen sollten stets zwischen einem
Besitzer und einem Störenfried auftreten.
Zwischen zwei Kontrahenten, die diese
Strategie wählen, kommt es nie zur Eskalation, weil einer stets Besitzer
und damit Falke, der andere aber Habenichts und damit Taube sein wird.
In einer solchen Modellpopulation ist die
Bourgeoisstrategie als einzige Strategie evolutionär stabil.
Beim Gefangenendilemma wird davon ausgegangen, dass zwei Gefangene A und B
bei getrennten Verhören jeweils entweder die Möglichkeit haben
zu gestehen oder zu schweigen, so dass sich drei Möglichkeiten ergeben:
- Falls beide schweigen,
werden sie wegen kleinerer Delikte nur zu einer kurzen
Gefängnisstrafe (z.B. 2 Jahre) verurteilt.
- Falls beide gestehen, so erwartet beide eine etwas längere Gefängnisstrafe
(z.B. 4 Jahre)
- Falls einer schweigt und der andere gesteht, so erhält der Geständige eine
minimale Gefängnisstrafe (z.B. 1 Jahr), während der andere die Höchststrafe
(z.B. 6 Jahre) erhält.
Eine (wenngleich nicht die einzige) evolutionär stabile Strategie für
dieses Problem ist die sogenannte
Tit for tat-Strategie.
Diese passt sehr gut zu der Beobachtung, dass sich artgleiche Individuen ohne
Konkurrenzdruck meist einfach ignorieren und sich neutral verhalten.
Im Falle einer Konkurrenzsituation
verhalten sich dann häufig zunächst alle Beteiligten kooperativ. Falls jedoch einer
die Regeln verletzt, wird er zeitlich begrenzt durch Entzug der Kooperation
abgestraft, anschließend erfolgt aber wieder beiderseitige Kooperation als Normalfall.
Ohne Strafe nimmt die Kooperationsbereitschaft jedoch mit der Zeit ab.
Die hier in allen Beispielen verwendete Auszahlungsmatrix zur
tabellarischen Darstellung der verschiedenen
Fälle bezeichnet man auch als Normalform.