Instinkthandlung

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Eine Instinkthandlung ist eine etwas komplexere erbbedingte Verhaltensweise, die sich aus drei unterscheidbaren Phasen zusammensetzt:
  1. Appetenz(verhalten)
  2. Taxis(komponente)
  3. erbkoordinierte Endhandlung (=„Erbkoordination“)

Das Ablaufschema/Funktionsschaltbild oben zeigt die wichtigsten Stationen einer Instinkthandlung (überfahre dazu mit dem Mauszeiger die einzelnen Elemente der oberen Abbildung):

  1. Appetenz (von appetere lat. erstreben, aufsuchen)
    Sobald die innere Handlungsbereitschaft (Motivation) einen bestimmten Wert überschreitet, findet ein ungerichtetes Suchen statt.
  2. Taxis (Orientierungsreaktion und gerichtete Annäherung) [gerichtete Appetenz]
    Nur wenn
    (a) ein Schlüsselreiz – also eine geeignete Kombination mehrerer Reize, die zum entsprechenden Angeborenen Auslösenden Mechanismus (AAM, also einer Art Filter) passt – über die entsprechenden Rezeptoren empfangen wird, und wenn
    (b) die innere Handlungsbereitschaft immer noch vorliegt,
    findet eine Ausrichtung auf das (und gegebenenfalls eine Hinbewegung zum) Zielobjekt statt.
    Die Taxis kann meist leicht durch eine reizbedingte Konditionierung verändert werden.
  3. erbkoordinierte Endhandlung
    Nur wenn
    (a) das Zielobjekt nun einen weiteren zum entsprechenden AAM passenden Schlüsselreiz (oder im Falle einer einfachen Handlungskette auch mehrere Schlüsselreize) aussendet, und wenn
    (b) die innere Handlungsbereitschaft immer noch vorliegt,
    so erfolgt die Endhandlung mit starrem Ablauf.
    Nach Ablauf der Endhandlung wird mittels einer negativen Rückkopplung die innere Handlungsbereitschaft gesenkt, so dass für einige Zeit das Appetenzverhalten unterbleibt und selbst bei Vorliegen eines passenden Schlüsselreizes das Tier nicht mit einer Taxis reagiert würde. Auch eine erneute Endhandlung ist dann zunächst nicht mehr auslösbar.
    Die Endhandlung kann meist nicht durch Lernvorgänge verändert werden.
    In Ausnahmefällen kann die Taxis auch ein Teil der Endhandlung sein (z.B. Eirollbewegung der Graugans).
Für Taxis und Endhandlung gilt jeweils das Prinzip der doppelten Quantifizierung:
Es müssen sowohl (a) der jeweilige Schlüsselreiz als auch (b) die innere Handlungsbereitschaft vorliegen.

Folgen der doppelten Quantifizierung:
Im Falle einer verringerten inneren Handlungsbereitschaft, kann z.B. mittels einer übernormalen Attrappe (also eines Schlüsselreizes mit einer Reizwirksamkeit, die höher ist als die des natürlichen Objekts) möglicherweise trotzdem eine Reaktion hervorgerufen werden. Im Gegensatz zum Reflex tritt bei verringerter innerer Handlungsbereitschaft mit einem normalen Schlüsselreiz aber keine Reaktion auf.
Im Falle einer sehr hohen inneren Handlungsbereitschaft, kann evtl. schon ein nicht ganz passender Schlüsselreiz mit einer sehr niedrigen Reizwirksamkeit eine Reaktion hervorrufen. Falls gar kein Schlüsselreiz vorliegt, kann dann bei sehr hoher innerer Handlungsbereitschaft im Extremfall sogar eine sogenannte Leerlaufhandlung auftreten.

Die Reizwirksamkeit ergibt sich aus der Reiz-Summen-Regel:
Die Reizwirksamkeit eines Schlüsselreizes ergibt sich aus der Summe der Wirksamkeit der einzelnen Reizkomponenten.

Die Reizwirksamkeit kann mit Hilfe von Attrappen-Versuchen überprüft werden.

Häufig finden mehrere Handlungselemente in einer bestimmten zeitlichen Abfolge statt. Diese Sonderform einer Instinkthandlung nennt man Handlungskette. In einer einfachen Handlungskette liefert nur einer der Beteiligten (evtl. auch wie im Falle eines Beutetiers unfreiwillig!) Schlüsselreize für den anderen. Bei einer verschränkten Handlungskette (v.a. für die Partnerwahl im Rahmen der Balz oder bei der Brutpflege!) liefern sich beide abwechselnd durch ihr Verhalten Schlüsselreize, die dann das nächste Handlungselement auslösen. Falls einer der beiden zwischendurch nicht das entsprechende Verhalten zeigt, so wird die Handlungskette unterbrochen.